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Ein Wochenende in Wien

16. September 2024
m53a

Courtesy Galerie Sophia Vonier / the artist | Foto: kunstdokumentation.com

Das magazin53a gibt einen kompakten Überblick über die Salzburger Positionen auf den Wiener Messen und Galerie-Events des vergangenen Wochenendes

Die warmen Tage haben wir gerade erst mit unserem Sommer-Highlights-Artikel verabschiedet und schon bricht ein Herbst herein, der mehr Winterjacken als die sonst übliche Übergangskleidung erfordert. Besonders Wien trifft es hart – Wind, wie man ihn nur von der Nordsee kennt und Überschwemmungen, die gesamte Verkehrswege lahm legen. Nicht besonders gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Messe-Wochenende – vier Salzburger Institutionen stellten dennoch auf der viennacontemporary aus. Tragischer erging es der Parallel Vienna, die auf das kommende Wochenende vertagt werden musste. 

Die Galerie Meyer Kainer befindet sich im 1. Bezirk und stellte im Rahmen von Curated by: Untold Narratives die in Salzburg lebende Künstlerin Agnes Scherer aus. Das Festival mit 24 teilnehmenden Galerien und vielen internationalen Kurator:innen vernetzte die Wiener Kunstszene an diesem Wochenende durch verschiedene Ausstellungseröffnungen und Events unter dem Motto der gesellschaftlichen Praxis des Storytellings, der Manifestierung von Erinnerungen sowie der Hinterfragung der Institution Archiv.

Bei Agnes Scherers ausgestelltem Werk handelt es sich um eine bereits bestehende Arbeit zu Marie Antoinette, die sie im Zuge von Curated by erweiterte und neu kontextualisierte. Durch den Rückgriff auf ihre eigene künstlerische Praxis entstand so eine szenische Installation aus malerisch-skulpturalen Elementen, die im stetigen Bezug zum Leben der mythenumwobenen französischen Königin steht. Scherer inszeniert Marie Antoinette in der Guillotine sowie im Kontext ihrer Sehnsucht nach einem bäuerlichen Leben, um dabei stets den Blick auf die Reflexion von (neo-)feudalen Strukturen zu lenken.

Auf der viennacontemporary zeigte die Salzburger Galerie Sophia Vonier Arbeiten von Dominik Louda, mit dem sie auch Anfang des Jahres die erste Ausstellung in ihren neuen Räumlichkeiten in Salzburg bestritt. Loudas Arbeiten erproben dekonstruierte und unbestimmte Architekturen, die sich nicht als klinische Körper und Behälter verstehen, sondern von Wärme und Geborgenheit zeugen. In Rückgriffen auf vertraute Baukörper oder persönliche Reiseerinnerungen schafft er zuweilen utopisch anmutende Räume, die immer surrealere Formen annehmen. Der charakteristische Tiefenglanz der Malereien ist der klassischen Technik der Ölmalerei aus der Frühen Neuzeit zu verdanken. Die Imprimitur, eine getönte Grundierung der Leinwand, setzt sich in den darauffolgenden Farbschichten fort und vereinheitlicht beziehungsweise bindet die Farbtöne der Fläche. 

Auffällig war die Präsenz eines tatsächlichen Bauzauns in der Booth. Dabei blieb es Geschmackssache, ob das architektonische Grundmotiv hier oberflächlich konzeptionalisiert oder gelungen komplementiert wurde. Allenfalls diente dieser der Galeristin zudem als Display für kleinere, von ihr als Pick-me-paintings bezeichnete Arbeiten und lockerte damit zum Zaunmotiv widersprüchlich die Strenge einer Messe wie der VC etwas auf.

Thaddeus Ropac war seit Jahren erstmals wieder vertreten und zeigte Arbeiten von Wolfgang Laib, Markus Schinwald, Martha Jungwirth sowie Robert Rauschenberg. Dabei besonders hervorstechend: Nicht etwa eine der formvollendeten Plastiken Schinwalds oder Laibs, sondern ein Gemälde der 1940 in Wien geborenen Martha Jungwirth. Mit expressiven, aber behutsamen Gesten eignet sie sich den braunen Karton ihrer Bildoberfläche an. Die schwunghafte Arbeit Manets Bruder belebte damit den bis auf Laibs goldene Schiffchen so farblich gedeckten Raum der restlichen Booth und präsentierte sich als eigenständige, taktgebende dynamische Einheit.

Die Arbeiten von Julian Heuser am Stand der Elektrohalle Rhomberg vereinten in ihrer vordergründig häufig kindlichen Ausführung Pop-Elemente mit dem Bedürfnis nach Figuration. Motive aus Comics, Computerspielen aber auch Monstern und Fabelwesen treffen dabei auf gestische Präzision. Die kräftigen Farbflächen werden durch die Prägnanz der abstrakten Formensprache komplementiert. Dabei wirkte die Einzelpräsentation in der Booth auch in ihrer visuellen Linie sehr deutlich und konzentriert. Die Arbeiten bekamen den Raum und Abstand, den sie brauchen. Einem Candyshop gleich schlagen sich die Bildflächen tief in die Magengrube, wobei die Motive paranormaler Phänomene aus den naiv wirkenden Blau-, Gelb- und Rottönen der Leinwand geschürft werden, um in ihrer den Blick bannenden Komplexität zu überzeugen.

Mit einer Vielzahl künstlerischer Positionen (Sara Bezovšek, Liv Bugge, Judith Fegerl, Veronika Hapchenko, Katrin Hornek, Sophie Jung, Linda Lach, Ursula Mayer, Shubigi Rao, Guan Xiao) zeigte die viennacontemporary ebenfalls die Ausstellung Chapter I: The Color of Energy, die mit dem Salzburger Kunstverein koproduziert wurde. Zentral in der von Mirela Baciak kuratierten Sonderausstellung war das Motiv der Energie in sowohl politischen, ökologischen als auch poetischen und farbästhetischen Ausprägungen. Dabei verhandelte die Schau vergangene und gegenwärtige Zustände sowie zukünftige Chancen und Problematiken. Ambitioniertes Ziel: nicht weniger als die komplexe Dynamik der Welt aus Geopolitik, Technologie und Mensch zu entflechten und das Thema Energie gewinnbringend zeitgleich zu abstrahieren als auch zu konkretisieren. Das Chapter II: The Color of Energy setzt diese Erkundung eine Woche später, im Salzburger Kunstverein fort. Es bleibt spannend, wie diese vermeintlich konträre Konstellation von Kunstverein zu kommerzieller Verkaufsmesse beide Institutionen ergänzt und das komplexe Thema Energie um weitere Dimensionen (als auch Positionen) angereichert wird.

Die Parallel Vienna ist aufgrund der Unwetterwarnungen verschoben worden sodass die Tage Freitag, Samstag und Sonntag weggefallen sind und dafür am Folgewochenende nachgeholt werden. Auch auf der Messe vertreten: Kunst im Traklhaus, Galerie Sophia Vonier und die L.art Galerie.